Zwischen Kollaps und Tod, Stress - das Wort in aller Munde
Was ist Stress?
Wie wirkt Stress?
Viel Stress - kein Stress
- 1. Beispiele für zu viel Stress - Kollaps
- 2. Beispiele für zu wenig Stress - Tod
Möglichkeiten des Umgangs mit Stress
- 1. Vermeidung
- 2. Ausleben
- 3. richitge Handhabe
Fazit
Was ist Stress?
In einem medizinischen Wörterbuch [Psychrembel] wird das Wort Stress
interessanterweise mit Schlag, Stoß übersetzt.
Unter Stress versteht man die Alarmreaktion
des Körpers auf bestimmte Situationen, wie
- Körperliche Schwerstarbeit
- Nachtarbeit
- Verletzung oder Krankheit
- Tod eines Familienangehörigen
- Konflikte
- Prüfungen
- Infektionen
- Verbrennungen
- Strahleneinwirkungen
- Operationen
- Vergiftungen
- Schwangerschaft
- Anstrengung
- Hitze
Anhand dieser Beispiele kann man erkennen, dass in jedem Lebensbereich von der Wiege bis zur Bahre der Stress den
Menschen begleitet. Es gibt kaum ein Organ, welches nicht entweder als Auslöser oder als so genanntes Erfolgsorgan
am Geschehen beteiligt ist.
Unter der Bezeichnung Stress sind äußere und innere Druckzustände zusammen gefasst worden,
wobei der Mechanismus "Stress verursacht Spannung" gilt.
Die so genannten Eckpositionen
im Anspannungszentrum sind die Spannungslosigkeit des Wartens (Kutscherhaltung) und die Überspannung in der Todesangst.
Selye unterscheidet beim Stress einen schlechten, den Distress vom guten, den Eustress.
Ralf Schwarzer ist der Meinung, dass nicht die wenigen, großen Einschnitte unser Leben und unsere
Gesundheit beeinträchtigen, sondern dass es die kleinen Dinge sind, die ständigen Alltagsprobleme und
täglichen Mißgeschicke.
Hierzu gehören
- Probleme mit dem Gewicht,
- Erkrankungen von Angehörigen,
- steigende Preise,
- Reparaturen im Haushalt und am Auto
- oder die Gartenarbeit.
Als Uplifts, die zum Eustress gehören und den Distress kompensieren, gehören
- angenehme Interaktionen mit Partnern und Freunden,
- erfolgreicher Abschluss von Arbeiten,
- gutes Essen,
- Freizeitveranstaltungen
- und Kontakte zu anderen.
Schwarzer ist auch der Meinung, dass ein Ereignis oft nur deswegen stark belastet, weil es völlig unerwartet
eintritt und man sich daher nicht darauf vorbereiten konnte.
Genauso kann ein erwartetes Ereignis, was dann nicht eintritt zu einem Stresserlebnis führen, sogar zu einem
belastenden Dauerzustand. Hierbei ist also der Zusammenhang zwischen der Erwartung und dem Ausbleiben entscheidend.
Psychologischer Stress beruht nach Schwarzer demnach auf der Einschätzung der betroffenen Person, dass die jeweilige
Person - Umwelt - Beziehung entweder
- herausfordernd
- bedrohlich
- schädigend
ist.
Seyle schreibt: "....: die völlige Abwesenheit von Stress ist der Tod."
Wie wirkt Stress?
- Der Sehnerv leitet visuelle Bedrohungsreize an den Thalamus,
- die Pupille weitet sich,
- der Hypothalamus startet die Kaskade von Stresshormonen und Nervenbotschaften,
- die Hypophyse regt die Nebennieren zur Hormonproduktion an,
- der Thalamus leitet Bedrohungsreize an die Großhirnrinde, die ruft ihr Gedächtnis ab,
- Hippocampus meldet Bedrohung an den Mandelkern,
- der Mandelkern koordiniert neuronale und körperliche Angstreaktionen,
- der Kaumuskel spannt sich,
- die Körper- und Kopfhaare stellen sich auf,
- die Haut wird blutleer und somit bleicher,
- der Armmuskel spannt sich,
- die Bronchien weiten sich,
- das Herz schlägt schneller,
- die Leber sorgt für Zuckernachschub,
- die Schweißdrüsen arbeiten verstärkt,
- Nebenniere produziert Stresshormone,
- die Bauchspeicheldrüse vermindert Insulinproduktion, der Blutzuckerspiegel erhöht sich,
- der Darm erzeugt Stuhldrang,
- die Blase erzeugt Harndrang,
- die Beinmuskeln spannen sich,
- die Geschlechtsorgane drosseln ihre Hormonproduktion.
Dieser Ablauf geschieht wenn wir vor einem Tiger stehen, aber genauso wenn unser Drucker nicht funktioniert.
Diese und viele andere Stresssituationen wirken auf den Körper nicht von vorneherein schädlich. Erst wenn sie
häufig oder dauernd auftreten und mit anderen Risikofaktoren zusammenwirken, wirken sie schädlich, manchmal
sogar tödlich.
Gelegentlicher Stress ist also für den Körper ein Zustand, der ohne nachhaltige Folgen bewältigt werden
kann, erst häufig auftretender Stress wirkt sich schädlich auf die Gesundheit aus.
Die Trennung in Medizin und Psychologie ist nicht aufrecht zu erhalten, da die beiden stets im Zusammenhang auftreten.
Stress tritt dann ein, wenn man sich beispielsweise in einer Dauerfrustration befindet.
Die körperlichen Funktionen werden überstrapaziert, man ist immer aufs höchste "angespannt",
reaktionsbereit, gleichsam "auf dem Sprung", weil man sich immer irgendwie bedroht oder jedenfalls über
die Maßen gefordert fühlt. Deshalb reagiert man auch empfindlicher als normal und gilt als gereizt, übertrieben
und manchmal auch als humorlos.
Man umschreibt es oftmals auch als Neigung zu reiner Betriebsamkeit, was der gestresste
Mensch typischerweise hervorbringt. Er kann nicht
konzentriert bei ein und derselben Aufgabe bleiben, sondern wendet sich bald dieser, bald jener Aufgabe zu, ohne sie
wirklich geistig zu durchdringen und zu Ende zu führen. Im rein körperlich - motorischen Bereich werden zwar
grundsätzlich mehr Verrichtungen zustande kommen, aber die Qualität dieser Verrichtungen nimmt insofern ab,
als die Anzahl der Fehlreaktionen und der Ungenauigkeiten zunimmt.
Einige körperliche (medizinische) Auswirkungen möchte ich hier auflisten, die alle unter anderem durch Stress
hervorgerufen werden.
Hier geht es nicht um den einmaligen Stress, sondern den, der sich im Laufe des Lebens summiert.
- Arteriosklerose
- Allergien
- Herzrhythmusstörungen
- Funktionsstörungen gesunder Organe (unerfüllter Kinderwunsch)
- Nervosität
- Juckreiz
- Nesselsucht
- Neurodermitis
- Bluthochdruck
- Infektabwehrschwäche
- Migräne
- Schlafstörungen
Aus diesen Beispielen möchte ich die Schlafstörungen etwas genauer beschreiben.
Der Schlaf dient der Regeneration und der Reservenbildung im Körper. Während der Schlafphase
verändert sich der
Körperstoffwechsel und die vorhandene Energie kann für Wachstum- und Reparaturvorgänge
verwendet werden.
Schlaf erfüllt aber auch im Nervensystem und in der Psyche eine wichtige Aufgabe. Die Eindrücke und
Gefühle der Wachphase werden sortiert und verarbeitet. Spannungen durch Überreizungen können
abgebaut werden und der kurzzeitige Erinnerungsspeicher wird für die Aufnahme neuer Eindrücke geleert.
In der Schlafphase kommt es zu einem Austausch zwischen Unterbewußtsein und bewußten Bereichen der
Wahrnehmung, dies äußert sich in den Träumen, wo Vorstellungswelt und Wirklichkeit vermischt werden.
Für die Qualität des Schlafes ist nicht nur die Dauer maßgebend, sondern auch Schlaftiefe und der Wechsel
von bestimmten Schlafphasen (REM) sind weitere wichtige Faktoren. Erst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind,
findet erholsamer
Schlaf statt und der neue Tag kann ausgeruht, frisch und mit Energie begonnen werden. Durch den Schlafmangel wird die
Anfälligkeit für äußere und innere Störfaktoren erhöht, und es entsteht ein so genannter
Teufelskreis der gegenseitigen Verstärkung.
Trotz vieler Untersuchungen kann man nur sagen, dass es kein einheitliches Bild von emotionalen Reaktionen gibt.
Jeder Mensch geht ganz individuell mit Krankheit, Tod und anderen Belastungen um.
Aus vielen Studien ist als Ergebnis herausgekommen, dass es genauso schädlich ist, seinen Ärger zu
unterdrücken wie ihn zu äußern. Beim "unterdrückten Ärger" findet man häufig
die Krebspatienten, beim "Herauslassen des Ärgers"
findet man die Menschen, die vermehrt mit Atherosklerose zutun haben und dadurch einen koronaren Risikofaktor haben.
Viel Stress - kein Stress
- Viel Stress
Stress ist vielfältig und ein ständiger Begleiter: "..., denn der Mensch trägt in unseren Tagen durch
seine unangemessene Lebensweise zu seiner eigenen Zerstörung bei durch falsche Ernährung, Zigarettengenuss,
Drogenkonsum und Mißachtung des Biorhythmus. Der Stress und
die meisten Krankheiten, unter denen wir heute leiden, besonders die Krankheiten mit Degenerierungserscheinungen,
sind die unmittelbare Konsequenz dieser Umweltveränderungen...
Der Schlaf, der früher unverzichtbar war, um neue Kraft zu schöpfen und den überall drohenden Gefahren zu
widerstehen, reicht uns heute nicht einmal mehr aus, um den alltäglichen Stress abzubauen - obwohl uns kaum mehr
Gefahren aus der Natur bedrohen, brauchen wir heute nur noch "Angst vor der Angst selbst" zu haben. Nun, da
wir keine Tiger und Schakale mehr im Nacken haben, müssen wir uns auf anders geartete, aber nicht ungefährlichere
Feinde einstellen, die viele Namen haben: Stress, Schlaflosigkeit, Angst, Depression, um nur einige zu nennen."
[Bruno Comby]
Es fällt uns nicht leicht, dem Stress zu entgehen, da wir ihm überall begegnen. Wir vertragen diesen
allgegenwärtigen Stress auch schlechter und er führt leichter zu Krankheiten, weil wir uns zu wenig bewegen
und sogar das Seelenleben ungünstig auf Bewegungsmangel reagiert. Neben der falschen Ernährung und dem
übertriebenen Konsum- und Anspruchdenken, gehören die verbreitete Zukunftsangst und die zunehmende
Vereinsamung zu den wichtigsten Ursachen.
- Kein Stress
Freud meinte, der Mensch ziele auf eine Reduktion der Anspannung (Nirwana-Prinzip), demgegenüber betonte der
Philosoph Sören Kierkegaard die Gefährlichkeit der Langeweile als spannungslosen Zustand.
Dieser Satz von Kierkegaard hat sich für mich bewahrheitet, als ich ein Praktikum in einem Landeskrankenhaus
absolvierte.
6 Wochen lang hatte ich die Gelegenheit, Langzeit-Patienten und Entzugs-Patienten zu beobachten. Sie hatten einen
geregelten Tagesablauf. Alle alltäglichen Dinge waren für sie festgelegt und kamen mit einer konstanten
Gleichförmigkeit Tag für Tag. Nur die Patienten, die zur
Arbeits- und Beschäftigungstherapie gingen, hatten die Möglichkeit, die Wochentage auseinanderzuhalten.
Für die anderen existierte kein Unterschied mehr zwischen "Alltag" und "Sonntag".
Es kam gerade bei den Langzeit-Patienten zu einem Dahinvegetieren.
"Milder Stress" anstatt totaler Versorgung (Anstoss zu aktiver Lebensgestaltung) heißt hier das Mittel der Wahl. Ein milder Stress ist
offenbar das adäquate Mittel, um kognitive und physische Kompetenz im Alter zu erhalten.
Als ich anfing mit diesen dahinvegetierenden Menschen 1x pro Woche Gymnastik (Bewegungstherapie) zu machen und mich
auch einzeln mit ihnen beschäftigt habe, merkte ich nach einigen Wochen, wie sie sich veränderten.
-Äußerlich und innerlich - Sie bereiteten sich auf mein Kommen vor, (sie wuschen und frisierten sich),
sie waren sehr eifrig dabei und einige machten auch während der Woche die Übungen, die ich ihnen speziell
für ihr Körperproblem gezeigt habe. Etwa 12 Jahre später, als ich die
Patienten wieder besuchte, sprachen mich einige auf die Übungen an, die sie zum Teil noch immer
durchführten.
Möglichkeiten des Umgangs mit Stress
- Vermeidung
Zu meinen Ausführungen über den Umgang mit Stress habe ich keine eindeutige Möglichkeit der
richtiggehenden Vermeidung gefunden. Egal, wo wir uns befinden und zu welcher Zeit
wir leben, es gab, gibt und wird immer Stress geben. Ich kann ihn nicht vermeiden.
"Die völlige Abwesenheit von Stress ist der Tod." (Seyle)
Ich kann aber den unnötigen Stress vermeiden. Dazu findet man bei kritischer Analyse des Tagesablaufs
wohl immer genügend Ansatzpunkte. Der Stressabbau steht außerdem mit den richtigen inneren
Einstellungen in Zusammenhang, die man bei Bedarf durch positive Selbstbeeinflussung erarbeitet. Insbesondere
gehört dazu der Abbau von übertriebenem Ehrgeiz und einseitigem Konkurrenz- und Konsumdenken.
- Ausleben - Bejahung
Aus wissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir nämlich, dass einfacher, wohldosierter körperlicher
Stress, wie ihn Wasseranwendungen und ausreichend Bewegung an der frischen Luft darstellen, regelrecht gegen
seelisch-geistigen Sttress abhärten.
Man erträgt dann auch hohen Stress leichter und länger ohne Risiken für die Gesundheit.
Neben der Abhärtung gegen Stress darf die Entspannung nicht vergessen werden. Sie versetzt den Geübten
in die Lage, überschießende Stressreaktionen, die sich normalerweise der Willenskontrolle entziehen, sofort
abzuschwächen und dadurch ihren Folgen für die Gesundheit vorzubeugen. (Heilsame Kneippkuren)
- Richtige Handhabe
Stress ist im Grunde nicht negativ, sondern in der richtigen Dosis ein unentbehrliches Lebenselixier.
Mangel an Stress wirkt sich ebenso ungünstig auf Gesundheit und Wohlbefinden aus wie zu hoher Stress.
Es
kommt also im Rahmen der Gesundheitsvorsorge nicht darauf an, dem Stress zu entfliehen, sondern die Widerstandskraft
dagegen zu erhöhen, die Reaktionen darauf unter Kontrolle zu bringen und den überflüssigen Stress zu
vermeiden. Dann
kann er sinnvoll zur positiven Gestaltung des Lebens genutzt werden.
Zur richtigen Handhabe des Stresses wird auch die soziale Integration benötigt.
Wie unterstützend eine soziale Interaktion wirkt, ergibt sich auch aus der Geschichte einer Beziehung.
Es kommt auf die Qualität einer Beziehung an, ob sie mir eine Hilfe sein kann oder nicht. Wenn eine Beziehung
nur davon lebt, dass die eine Partei sich einbringt und für den anderen da ist,
kann sich die einbringende Partei in Stresssituationen umgekehrt meist nicht auf die andere Partei verlassen.
Ganz besonders hilfreich ist eine gute soziale Unterstützung bei einem lang andauernden Problem und führt
dann hier zu einer Stabilisierung und zum Wohlbefinden. Häufig erfährt man zwar kurzfristigen Beistand bei
einem Problem, aber wenn es über einen langen Zeitraum geht, "springen" viele Unterstützer ab, weil es in der
Zwischenzeit uninteressant geworden ist und sich viele neue Dinge aufgetan haben. In der Zeit sind dann wirkliche, ausdauernde Unterstützer von großer Hilfe.
Fazit
Entweder man meistert die Situation, indem man sie aktiv nach eigenem Ermessen verändert (assimilativ), oder man findet eine neue Bedeutung für seine vielleicht aussichtslose Lage (akkomodativ).
Es liegt also an mir und jedem einzelnen Menschen selbst, wie er mit diesem Thema, das uns das ganze Leben begleiten wird, umgeht.
Ich werde nicht gelebt, sondern ich lebe -
Aus dem Passiv heraus ins Aktiv.
Im Rahmen des Themas Motivationspsychologie beschäftigte ich mich mit dem Thema.
Zum Weiterlesen:
Ralf Schwarzer: Stress, Angst und Handlungsregulation, Stuttgart 1993
Bruno Comby: Wach durch Powerschlaf, München 1992
Geo: Angst, Nr.4 1996
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